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Angst isst Seele auf

Aktualisiert: 7. Mai

Vielleicht kennst Du diese innere Unruhe? Die Angst etwas zu vergessen, zu übersehen, den richtigen Zeitpunkt zu verpassen, die falsche Entscheidung zu treffen? Ist das Resultat dieser Angst zeitweise die Stagnation? Jeder Schritt könnte der falsche sein, daher besser mal keinen machen. Sortieren.

Hey, nix gegen sortieren, nichts gegen Pausen, überhaupt nichts dagegen einzuwenden, sich einmal Zeit zu lassen, den Fluss des Lebens machen zu lassen, sich treiben zu lassen (alles in seinem Maß). Die Frage der Motivation gibt Dir aber Auskunft darüber, ob diese Zustände für Dich von Wohlwollen sind oder ob sie maladaptiv für Deinen weiteren Lebensweg sind.


„Angst ist nie ein guter Ratgeber“, heißt es. Ich möchte das gerne differenzieren. Angst an sich ist eine uralte Emotion, die zu einem großen Teil in der Amygdala verortet ist. Die Amygdala steht in direktem Kontakt zu unserem Stammhirn, einem Teil des Gehirns das unsere Grundreflexe steuert und sehr früh in der Entwicklung unseres Gehirns aufgetreten ist. So hat uns Angst schon viele gute Dienste erwiesen. Die Angst vor Löwen ließ die, die sie spüren konnten, vorsichtiger auf der weiten Steppe sein. Angst von einer Klippe zu fallen senkte das Risiko in die Tiefe zu stürzen, da diejenigen, die diese Angst spürten, etwas weiter von der Klippe weg gingen etc. Also: gegen reale Ängste ist nichts einzuwenden. Wo aber fängt die Angst an uns einzuschränken und unseren Bewegungsradius so klein zu stecken, dass wir uns fast nicht mehr bewegen können, vielleicht sogar das Atmen schwer fällt?


Prinzipiell ist Angst eine Emotion und ein wertvolles Hinweisschild in Richtung: Achtung, hier wird es gefährlich. Allerdings ist die Angst noch nicht der Absturz an sich. Bei manchen Menschen steht das Hinweisschild 2 cm vor dem Abgrund, bei anderen bereits 500 m vor der Klippe. Hier ist es hilfreich sich selber kennen zu lernen: wie tickt und reagiert mein Warnsystem? Hüpfe ich munter durch das Leben und weiß von mir, dass meine Hinweisschilder erst 2 cm vor dem Abgrund auftauchen sollte ich mich in einer guten Körperbeherrschung sowie schneller Auffassungsgabe und Aufmerksamkeit schulen, um den Absturz vermeiden zu können. Und, sollte mir bewusst werden, dass ich diese Anforderungen gerade nicht leisten kann, weil ich z.B. zu abgelenkt bin oder chronischer Stress meine Wahrnehmungssysteme ermüdet hat, dann sollte ich vielleicht mein Hüpfen in einen gemütlichen Gang verwandeln - auch das kann sehr schön sein.


Bin ich hingegen (gerade) eher der-/diejenige, deren Hinweisschilder bereits 500 m vor dem Abgrund auftauchen, sollte ich mir bewusst sein, dass mein Bewegungsradius weit über den Zaun, den die Hinweisschilder bilden, hinausragt. Dabei darf ich mich von der Euphorie, den Mut gehabt zu haben, die Grenzen zu überqueren, die ersten Meter ruhig mitreißen lassen. Ab etwa Meter 499 wäre es aber hilfreich, wenn die Sinne klar genug wären, um dem Warnsignal wieder zu lauschen und mit Achtsamkeit die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können, um nicht abzustürzen.

Manchmal passiert es, dass unser Gehirn auf eine Alltagssituation feuert wie auf den Angriff eines Löwens. Hier ist dann ein Realitätencheck recht hilfreich. Steht mir gegenüber wirklich ein Löwe der mich zerfleischt, wenn ich nicht sofort die Badezimmertüre aufmache oder steht da draußen vielleicht mein Mitbewohner der freundlich fragt, ob er auch ins Bad kann, wenn ich mit dem Duschen fertig bin? Manchmal entsteht die Angst nicht mehr gemocht zu werden, wenn man sich nicht konform verhält, Fehler macht. Die Angst, als Mensch von der Gemeinschaft verstoßen zu werden, weil man nicht ganz nach ihren Regeln spielt. Auch diese Angst kann den Bewegungsradius enorm einschränken, weil sie uns die Freiheit nimmt so zu sein wie wir sind, weil das vielleicht zum Ausschluss führen könnte.


Die Krux ist: Solange wir in der Angststarre verharren und uns nur Erwartungskonform verhalten, werden wir zwar nie gegen die (von uns vermuteten) Erwartungen verstoßen, wir werden aber auch nie als wir Akzeptanz erfahren können, weil unser authentisches Ich nie ans Licht darf. Ganz zu schweigen von den Verkrampfungen, welche durch so eine Angststarre entstehen.

Angst isst Seele auf - und Potential noch dazu. Potential, das nie gezeigt und daher auch nie gesehen und genutzt werden kann. Was für eine Tragödie.


Erlaube Dir Du zu sein. Erlaube Dir anzuecken. Erlaube Dir Fehler zu machen. Erlaube Dir dazuzulernen. Erlaube Dir zu wachsen. Erlaube Dir Mensch zu sein. Erlaube auch den Menschen um Dich herum Mensch zu sein. Und in diesem Menschsein kann Verbindung entstehen. Verbindung neben all den Dingen, die ansonsten vielleicht zu Trennung geführt hätten.

Wenn sich der Warnsignal-Zaun immer enger zuzieht, ist es aus meiner Erfahrung hilfreich, einen bereits oben angesprochenen Realtitätencheck zu machen. Hierbei sind zwei Fragen hilfreich:

  1. Was verliere ich?

  2. Und wie relevant ist es?

Und zwar in beide Richtungen:

  1. Was verliere ich, wenn ich die Grenze zu weit ausdehne?

  2. Was verliere ich, wenn ich meine Grenze nicht ausdehne?


Hier ein Beispiel:

  1. Was verliere ich, wenn ich in diese Pfütze springe? Saubere Klamotten

  2. Was verliere ich, wenn ich nicht in diese Pfütze springe? Leichtigkeit


Wenn ich gerade vor einem Vorstellungsgespräch bin hat der Faktor „Saubere Klamotten“ eine große Relevanz und schlägt in dem Fall vielleicht die Leichtigkeit, aber wenn ich gerade mit einem Kind spazieren bin und zwar nicht vorhatte heute zu waschen, es aber auch kein Drama ist: Dann los, !er-lebe! die Leichtigkeit!

  1. Was verliere ich, wenn ich von der Klippe springe? - Mein Leben. - Hier gibt es dann keine weiteren Fragen mehr. Das Leben zu verlieren ist ein Ausschlusskriterium für jede weitere Tätigkeit, such Dir etwas anderes.

PS: Lass dich nicht narren: Stürzt Du wirklich ab oder kann es vielleicht einfach nur passieren, dass jemand anders zu Dir sagt: Hey Du, ich würde auch langsam gerne mal duschen. ;-)


Und wenn Du magst und deinen Blick von der Verlust- auf die Gewinnseite richten möchtest gelingt Dir vielleicht auch diese Frage: Was gewinne ich, wenn ich meine Grenzen ausdehne? Hier sei kurz auf den Blogeintrag >Wellen< verwiesen.


Wunder entstehen dann,

wenn wir unseren Träumen mehr Aufmerksamkeit schenken

als unseren Ängsten.

(Unbekannt)

zumindest die ersten 499 Meter ;-)


Alles Liebe,

Larissa


 
 
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